R2K-Klim+ – Strategisches Entscheidungsunterstützungstool zur Anpassung an den Klimawandel auf regionaler und kommunaler Ebene im Rheineinzugsgebiet
Ziele, Vorgehen und Produkt des Projekts
Link zur Projektseite R2K-Klim +
Lokale Extremwetterereignisse mit kleinräumigen Folgen wie Überflutungen durch Starkregenereignisse oder Hitzeinseln in Städten sind in den vergangenen Jahren immer häufiger aufgetreten und werden im Zuge des Klimawandels auch weiter zunehmen. Gleichzeitig sind Regionen auch klimawandelbedingten Extremereignissen mit großräumigen Wirkungen ausgesetzt: Hoch- und Niedrigwasser an Flüssen wirken nicht nur lokal, sondern betreffen häufig das gesamte Flusseinzugsgebiet. Das Verbundprojekt R2K-Klim+ konzentriert sich daher auf zwei räumliche Betrachtungsebenen: Die Makroebene umfasst das gesamte Rheineinzugsgebiet, die Mikroebene fokussiert die Stadt Duisburg. Aktuelle Klimaprojektionen werden dazu genutzt, mögliche Zukunftsbilder zu erstellen und die Einflüsse der regionalen und überregionalen Auswirkungen der Klimawandelfolgen für die Stadt Duisburg darzulegen. Zunächst wird eine Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalyse auf unterschiedlichen Ebenen und für verschiedene Sektoren durchgeführt. Dabei spielen neben ökonomischen Aspekten auch ökologische und soziale Aspekte eine wichtige Rolle. Nachdem auf diese Weise besonders vulnerable Bereiche identifiziert wurden, werden zur Erhöhung der Resilienz Anpassungsmaßnahmen gemäß dem Stand von Wissenschaft und Technik zusammengestellt. In einem Entscheidungsunterstützungssystem werden die vulnerablen Bereiche und potenzielle Maßnahmen dargestellt und gemäß Kosten und Nutzen bewertet. Diese transparente, objektive und auch für fachfremde Personen verständliche Bewertung der Auswirkungen von diversen Anpassungsmaßnahmen dient den zuständigen kommunalen Akteuren als Planungsgrundlage für die strategische Ausrichtung von zukünftigen Maßnahmen. Nach der erfolgreichen Implementierung in der Stadt Duisburg soll auch die Transferierbarkeit auf andere Kommunen umgesetzt werden.
Wassermanagement, Hoch- und Niedrigwasser im Rheineinzugsgebiet, Überflutung, Starkregen, Stadtklima, Trockenheit, Hitzebelastung von Menschen in Städten, Beeinflussung der lokalen Wirtschaftsstrukturen
Die Zunahme extremer Ereignisse wie die langanhaltende Dürreperiode im Sommer 2018 oder die Überflutungen durch Starkregen- und Hochwasserereignisse im Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zeigen, dass die Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland bereits deutlich spürbar sind. Deshalb wird für die Unterstützung kommunaler Entscheidungsträger:innen bei der Planung von Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung im Rahmen von R2K-Klim+ ein Entscheidungsunterstützungstool in Form einer Webanwendung entwickelt.
Unser Projektgebiet
Das Projektgebiet umfasst zum einen die Stadt Duisburg als Mikroebene und zum anderen das gesamte Rheineinzugsgebiet in Deutschland als Makroebene. So können sowohl lokale als auch großräumig auftretende Extremereignisse betrachtet werden. Nach der erfolgreichen Implementierung in der Stadt Duisburg soll das Entscheidungsunterstützungstool auch auf andere Kommunen übertragbar sein.
Unser transdisziplinärer Ansatz
Abbildung 1: Makro- und Mikroebene des Projekts R2K-Klim+
Um die Wechselwirkungen verschiedener Herausforderungen und Anpassungsmaßnahmen im Entscheidungsunterstützungstool angemessen abbilden zu können, betrachtet das Konsortium die Problematik aus unterschiedlichsten Perspektiven. Dafür werden verschiedene Klimawirkungen integriert:
Über ein komplexes Modellnetzwerk werden für diese Klimawirkungen Vulnerabilitätsanalysen für die Rezeptoren Bevölkerung, Infrastruktur, Ökosysteme und wirtschaftliche Systeme durchgeführt. Das Modellnetzwerk ermöglicht Berechnungen sowohl für den Status Quo, als auch eine Zukunftsbetrachtung anhand zwei globaler Erwärmungsszenarien (+2°C und +3°C). Die Ergebnisse werden im Entscheidungsunterstützungssystem dargestellt und ermöglichen in Bezug auf die Klimawirkungen die Identifikation von Defizit- und Potentialräumen. Zusätzlich wird ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, der verschiedene Ansätze von Maßnahmen für jede Klimawirkung betrachtet. Weiterführend wird eine Wirkmodellierung für eine Bündelung von Maßnahmen durchgeführt, die eine Aussage zum Effekt bestimmter Maßnahmen an spezifischen Orten in Duisburg zulässt. Die Bewertung der Maßnahmen erfolgt anhand einer multikriteriellen Methodik, die ökonomische, ökologische und soziale Indikatoren vergleichbar macht.
Unser Team
Um diesem transdisziplinären Ansatz gerecht zu werden, setzt sich das Projektkonsortium zusammen aus Forschung, Wirtschaft und Politik und bindet auch externe Akteure in einem partizipativen Prozess ein. So können Stakeholder in einem Co-Working-Prozess an der Entwicklung der für ihre Arbeitsbereiche gedachten Produkte mitwirken.
Ein Einblick in unsere Zwischenergebnisse
Klimafolgenanpassung in Kommunen – Perspektive der Stadt Duisburg:
Das Thema Anpassung an den Klimawandel gewinnt zunehmend mehr Brisanz in deutschen Kommunen, besonders im Ruhrgebiet. Hier hat sich die Stadt Duisburg mit 15 weiteren Ruhrgebietskommunen und der Emschergenossenschaft in einer Zukunftsinitiative (Klima.Werk) organisiert, für einen verstärkten interkommunalen Austausch. Klimafolgenanpassung kann gelingen, wenn die Anpassungsinteressen frühzeitig in Planungsprozessen berücksichtig werden. Aber welche Maßnahmen bestmögliche Ergebnisse erzielen, ist damit noch nicht geklärt. An dieser Stelle soll das in R2K-Klim+ entwickelte Entscheidungsunterstützungstool zum Einsatz kommen. Mithilfe einer multikriteriellen Bewertungsmethodik werden verschiedene Anpassungsmaßnahmen und ‑kombinationen miteinander bzw. mit festgelegten Zielvorgaben verglichen. Für die Ausarbeitung der Bewertungsmethodik werden gängige Bewertungsverfahren in Kommunen aufgegriffen, wie z.B. Klima-Checks von Beschlussvorlagen oder Umweltgerechtigkeitsbewertungen. Die Auswahl der Bewertungskriterien orientiert sich einerseits an den Output-Größen der Modellsimulationen und muss andererseits die pragmatischen Entscheidungsprozesse der Kommunalverwaltungen und Politik berücksichtigen.
Stakeholderanalyse der Binnenschifffahrt:
Da der Duisburger Hafen der größte Binnenhafen Europas ist, wird im Rahmen von R2K-Klim+ auch der Einfluss von Klimawirkungen auf die Rheinschifffahrt berücksichtigt. In einer Stakeholderanalyse hat das Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) daher die Anpassungskapazitäten der Binnenschifffahrt untersucht. Diese, so ein wesentliches Ergebnis der Analyse, konzentrieren sich auf vier Bereiche:
• technische Anpassung (bspw. flachwasseroptimierte Schiffe), • Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle und –systeme, die wirtschaftliche Transporte auch unter den Bedingungen des Klimawandels sicherstellen (bspw. Investitionsanreize zum Aufbau von Resilienz), • fortwährende Anstrengungen zur Anpassung der Infrastrukturen und der anderen Modi, besonders der Schiene, sowie • mehr Gehör für die Binnenschifffahrt in Fragen der Güter-Verkehrspolitik.
Insgesamt zeigt sich, dass die Binnenschifffahrt viele heterogene Akteure umfasst, die von der langjährigen Erfahrung mit Hoch- und Niedrigwassern und dem Umgang mit den globalen Herausforderungen profitieren. Ihre Anpassungskapazitäten würden durch eine verbesserte Vernetzung der Logistikakteure und engagierter staatlicher Koordination erhöht werden.
Vulnerabilitätsanalysen:
Als weiterer Bestandteil von R2K-Klim+ wurde vom Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung (gaiac) an der RWTH Aachen e. V. eine Vulnerabilitätsanalyse hinsichtlich Gesundheit für die Klimawirkung Hitze durchgeführt. Das Ziel hierbei war die Identifizierung von städtischen Räumen, in welchen Klimaanpassungsmaßnahmen wirksam und gezielt umgesetzt werden können (Potential- und Defiziträume). Als Grundlage hierfür diente die fernerkundliche Ermittlung stadtstruktureller Kenngrößen wie beispielsweise Grünvolumen, Bauvolumen, Versiegelungsgrade oder Beschattung durch Bäume. Aus diesen Kenngrößen ließen sich auf einer kleinräumigen Ebene von Nutzungstypen (z.B. Parkplatz, Einfamilienhaus) klimatische Gunst-/Ungunsträume (5-stufige Skala) ableiten. Da Bevölkerungsdaten aus Datenschutzgründen höchstens auf Baublockebene vorliegen, wurden die Ergebnisse der kleinräumigen stadtstrukturellen Analysen auf die Baublockebene aggregiert. Dadurch können die klimatischen Gunst-/Ungunsträume mit sensitiven Bevölkerungsdaten, beispielsweise Altersstruktur und sensitive Einrichtungen, kombiniert werden. So wurden Vulnerabilitätsrisiken (7‑stufige Skala) pro Baublock ermittelt. Das Ergebnis ist in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Ergebnis der Vulnerabilitätsanalyse Gesundheit für die Klimawirkung Hitze
Starkregengefahrenkarten:
Von der geomer GmbH wurden für die Stadt Duisburg vorläufige Starkregenkarten erstellt, die in einem gemeinschaftlichen Validierungsverfahren untersucht wurden. Als Eingangsdaten hierfür wurden für Duisburg aktualisierte Gebäudedaten und Landnutzungsdaten mit zugehörigen Abflussbeiwerten ermittelt. Anschließend wurden Starkregenevents mit 50 mm/h (entspricht einem 100-jährlichen Ereignis) und 80 mm/h modelliert. Ein Ausschnitt aus den Ergebnissen ist in Abbildung 3 dargestellt.
Entscheidungsunterstützungssystem:
Abbildung 3: Ergebnis einer Starkregengefahrenkarte für einen Ausschnitt der Stadt Duisburg
Für das Entscheidungsunterstützungssystem wurde von der geomer GmbH bereits ein Prototyp entwickelt. Bisher unterstützt dieser die Analyse von Überflutungen durch Starkregen- und Hochwasserereignisse für unterschiedliche globale Erwärmungsszenarien. Einen Eindruck davon vermittelt Abbildung 4. Im weiteren Projektverlauf sollen die Wirkmodelle für die übrigen Klimawirkungen und Rezeptoren ergänzt werden. Auch die Ergebnisse der Wirkmodellierungen für verschiedene Maßnahmenbündel sollen zukünftig dargestellt werden. Um eine nahtlose Einbindung und Verwaltung hiervon zu ermöglichen, wurde bereits die notwendige Datenstruktur für den Maßnahmenkatalog erstellt. Des Weiteren wird in den kommenden Wochen eine vorläufige Version eines flächenbasierten Verfahrens für Hochwasserschäden auf Grundlage von BEAM-Daten (Basic European Asset Map) verfügbar sein, entwickelt von der geomer GmbH. Auf den Prototyp des Entscheidungsunterstützungssystems kann über diesen Link zugegriffen werden.
Wenn Sie noch mehr zu R2K-Klim+ erfahren möchten…
Abbildung 4: Prototyp des Entscheidungsunterstützungssystems
… schauen Sie gerne auf der Projekthomepage vorbei. Außerdem werden wir in den kommenden Newslettern weiterhin regelmäßig die Fortschritte des Projekts vorstellen.
Veröffentlichungen von R2K-Klim+
Die im Projekt R2K-Klim+ erschienenen Publikationen finden Sie auf der R2K-Klim+ - Webseite
Kontakte:
Mark Braun, M. Sc.
Projektleitung
Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen e.V.