ISAP – Integrative stadt-regionale Anpassungsstrategien in einer polyzentrischen Wachstumsregion: Modellregion – Region Stuttgart
Ziele, Vorgehen und Produkt des Projekts
Link zur Projektseite ISAP
Für die Modellregion Stuttgart als polyzentrischer, hochverdichteter Raum mit starkem Wirtschaftswachstum ist die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels eine zentrale Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Wohn- und Lebensqualität in den 179 Städten und Gemeinden. Eng daran geknüpft sind die Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Region. Das Verbundprojekt ISAP entwickelt einen quantitativen Anpassungs-Check, der sowohl Indikatoren zu Anpassungskapazitäten als auch Kosten und Nutzen von Anpassungsmaßnahmen auf stadt-regionaler Ebene umfasst. Zudem wird eine stadt-regionale Starkregenrisikokarte entwickelt. Diese Ansätze werden dabei nicht isoliert, sondern im Austausch mit anderen Regionen auf nationaler und internationaler Ebene diskutiert und entwickelt. Ziel des ISAP-Projektes ist die Verbesserung der Planungsgrundlagen sowie deren vereinfachte Anwendung in Entscheidungsprozessen, um die Akzeptanz von Anpassungsmaßnahmen zu erhöhen. Dazu entwickelt ISAP gemeinsam mit der Region und ausgewählten Kommunen ein neues stadt-regionales Online-Informations- und Beratungstool zur Klimaanpassung.
ISAP - Entwicklung eines digitalen Informations- und Beratungstools zur Klimaanpassung in Stuttgart
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Das Projekt „Integrative stadt-regionale Anpassungsstrategien in einer polyzentrischen Wachstumsregion“ (ISAP) hat zum Ziel ein digitales Informations- und Beratungstool zu Klimaanpassung zu entwickeln, um damit stadt-regionale Anpassungsbedarfe darzustellen, die Planungsgrundlagen in der Region Stuttgart zu verbessern und ihre Anwendung in Entscheidungsprozessen zu erleichtern.
Projektregion und Aktivitäten in ISAP
Die Region Stuttgart umfasst neben der Stadt Stuttgart die umliegenden Kreise Ludwigsburg, Rems-Murr-Kreis, Göppingen, Esslingen und Böblingen. Wie in Abbildung 1 ersichtlich wird, handelt es sich bei einem Großteil der Kommunen in der Region hinsichtlich ihrer Einwohner*innenzahl um kleine und mittelgroße Kommunen: 1/3 der Kommunen haben weniger als 5.000 Einwohner*innen, 2/3 der Kommunen haben weniger als 10.000 Einwohner*innen.
Innerhalb des Projekts ISAP wird der Klimaatlas der Region Stuttgart aus dem Jahr 2008 inklusive Modellierungen zum Kaltlufthaushalt und zur Hitze aktualisiert. Zusätzlich wird eine Starkregengefahrenkarte für die Region erstellt. Außerdem werden potenzielle Klimaanpassungsmaßnahmen gemäß ihrer physikalischen und ökonomischen Wirkung bewertet und eine Risikoanalyse sowie eine Vulnerabilitätsanalyse durchgeführt. Alle Informationen sollen am Ende der 1.Förderphase des Projekts gebündelt in dem genannten digitalen Informations- und Beratungstool dargestellt werden.
Vorstellung des ISAP-Online-Tools
In einem iterativen Entwicklungsprozess wurden Ideen und Anforderungen bezüglich des Tools gemeinsam mit den ISAP-Projektpartner*innen sowie unter Beteiligung von Praxisakteuren aus der Region zusammengetragen und schrittweise konkretisiert. Abbildung 2 stellt einen ersten Entwurf des ISAP-Tools aus dem Jahr 2021 dar. Dieser wurde schrittweise zu dem heutigen 3-Säulen Konzept weiterentwickelt.
In der ersten Säule werden die aktualisierten, regionalen Klimainformationen auf einer interaktiven Karte dargestellt. Per Klick auf die unterschiedlichen Parameter (sogenannte „Layer“) können die Anwender*innen auswählen, welche Klimainformationen sie auf einer Karte angezeigt bekommen wollen. Dabei können mehrere Parameter gleichzeitig ausgewählt werden (siehe Abbildung 4). Angereichert wird die Darstellung der Karten mit Informationen aus der Wissensbibliothek (der dritten Säule), ein Auszug davon erscheint je ausgewähltem Parameter in Pop-up-Fenstern am Rand. Per Klick auf diese Fenster gelangen die Anwender*innen direkt in die Wissensbibliothek und haben dort Zugriff auf vertiefende Informationen.
Zusätzlich ist es möglich sich die Klimainformationen für zwei Zeiträume anzeigen zu lassen. Die Auswahl „Split“ ermöglicht die Darstellung der Klimainformationen für die Gegenwart („heute“) im linken Teil des Bildschirms und stellt rechts daneben die Projektion einer 2-Grad Welt dar (Abb.5). Per Schieberegler können die Anwender*innen die ausgewählten Darstellungen miteinander vergleichen.
Die zweite Säule umfasst die Modellierung einer klimaangepassten Ortsentwicklung. Für das Untersuchungsgebiet NeckarPark wurden zwei Szenarien simuliert, um die Wirkung von Klimaanpassungsmaßnahmen abzubilden (Abb.6). Das erste Szenario („ohne Klimaanpassung“) zeigt die mikroklimatischen Bedingungen auf der Entwicklungsfläche allein mit Bebauung. Das zweite Szenario („mit Klimaanpassung“) stellt die mikroklimatischen Bedingungen dar, die bei der Berücksichtigung von ausgewählten Maßnahmen zur Klimaanpassung vorherrschen würden. Die im zweiten Szenario ausgewählten Maßnahmen stammen aus den Bebauungsplänen NeckarPark. Im Detail wurden folgende Maßnahmen berücksichtigt:
• eine zentrale Grünanlage von 8.000 m² Größe (Quartierspark „Grüne Mitte“) sowie weitere Grünanlagen (insbesondere zwei Sportflächen) • 418 Straßenbäume (in Straßenschluchten und im Quartierspark) • extensive Begrünung aller Dachflächen der Gebäude • Begrünung von 30% der Gebäudefassaden
Darüber hinaus wurden auch die Wirkungen von Maßnahmen bei Starkregenereignissen modelliert. Um Klimaanpassungsmaßnahmen evidenzbasiert bewerten und priorisieren zu können, erfolgt neben den Modellierungen auch eine ökonomische Bewertung der Maßnahmen.
Diese unterschiedlichen Themenfelder bei der Betrachtung von Maßnahmen und ihrer Wirkungen in einer verständlichen Weise im Tool aufzubereiten, ist herausfordernd. Insbesondere der Unterschied im Detaillierungsgrad und die verwendeten Datensets sind dafür verantwortlich. Der integrierte Ansatz bietet jedoch auch den Mehrwert den Anwender*innen die Vielschichtigkeit von Klimaanpassungsmaßnahmen näher zu bringen.
Die dritte Säule stellt die Wissensbibliothek des Online-Tools dar. Neben der Verbindung zur Säule 1, in der je nach ausgewähltem Parameter, Hintergrundinformationen und Erklärungstexte angezeigt werden, bietet die Säule 3 zusätzlich verständlich aufbereitete Definitionen und Erklärungen zum genutzten Klimavokabular (Abb.7). Es kann sowohl nach Themenschwerpunkten, als auch nach Stichworten gesucht werden. Außerdem beinhaltet die Wissensbibliothek ein umfangreiches Glossar.
Die Anwender*innen des Tools können sich Begriffe von A wie „Anpassungsfähigkeit“ und „Anpassungsstrategien“ bis W wie „Wasserabflusswege“ und „Wirkmodelle“ erklären lassen (Abb.8). Des Weiteren beinhaltet die Wissensbibliothek statistische Auswertungen zu bestimmten Klimakenngrößen, sowie Projektergebnisse und -berichte.
Im Rahmen des ISAP-Projekts wird ein neues stadt-regionales Online-Informations- und Beratungssystem entwickelt. Neben der regionsweiten Erprobung wird in Fokusgebieten die Praktikabilität des neuen Tools ermittelt und die Anwendbarkeit für formelle und informelle Planungsinstrumente analysiert. Ausgehend von ersten Ergebnissen wurden nun zwei Raumachsen für die Testanwendung ausgewählt. Nachdem das geplante Präsenztreffen des ISAP-Projektverbunds kurzfristig in den digitalen Raum verlegt werden musste, fand im November 2021 ein virtueller Stadtspaziergang durch diese Raumachsen statt. Zum virtuellen Rundgang gelangen Sie hier.
Kontakt:
Prof. Dr. Ing. Jörn Birkmann
Projektleitung
Universität Stuttgart, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung