IAWAK-EE – Informationsgestützte antizipative wasserhaushaltsbasierte Anpassung an den Klimawandel Elbe-Elster
Ziele, Vorgehen und Produkt des Projekts
Link zur Projekt-Webseite IAWAK
Die Modellregion Landkreis Elbe-Elster in Südbrandenburg ist in besonderer Weise vom Klimawandel betroffen. Aufgrund geringer Jahresniederschläge, den vorwiegend sandigen Böden und anthropogen verursachten Herausforderungen durch jahrzehntelange Bergbau- und Drainagetätigkeiten sowie ausgedehnte forstwirtschaftliche Monokulturen, herrscht eine generelle Unterversorgung der Landschaft mit Wasser. Zukünftige Klimaveränderungen werden das Problem weiter verstärken. Daher verfolgt IAWAK-EE das Ziel, den Landschaftswasserhaushalt über lokalspezifische Maßnahmen zu optimieren. Beispiele hierfür sind die Reaktivierung von Stauen in Gräben für landwirtschaftliche Flächen, die Wiedervernässung ehemaliger Feuchtgebiete oder die Renaturierung von Fließgewässern. Diese Maßnahmen werden zusätzlich von positiven Nebeneffekten begleitet, wie einem verbesserten Hochwasserschutz, dem Erhalt von (Feucht-)Biotopen und der Kühlung bodennaher Luftschichten durch eine verbesserte Evapotranspirationsleistung der Landschaft. IAWAK-EE arbeitet interdisziplinär mit Akteuren aus den Bereichen Landschaftsplanung, Umweltökonomie, Regionalplanung, Natur- und Umweltschutz sowie der regionalen Daseinsvorsorge. Das Projekt erarbeitet einen Katalog mit konkret anwendbaren Maßnahmentypen zur positiven Beeinflussung des Landschaftswasserhaushaltes. Es wird ein System entwickelt, welches den Nutzen und die Kosten der Maßnahmen räumlich explizit bewertet. Damit werden Kosteneffizienzanalysen ermöglicht, die die Frage beantworten, wo in der Landschaft mit welchen vorhandenen oder beschaffbaren finanziellen Mitteln welche Maßnahmen durchgeführt werden sollten, damit es zu einer bestmöglichen Klimaanpassung kommt.
Wasser, Wasserknappheit, trockene/sandige Böden, geringer Jahresniederschlag, Folgen von monokultureller Forstwirtschaft und Bergbau- und Drainagetätigkeiten
Warum ein Projekt zur Klimaanpassung im Landkreis Elbe-Elster?
Der Landkreis Elbe-Elster im südlichen Brandenburg erstreckt sich von der Elbe bis in die Lausitz (1.899 km²). Auch wenn die Region klimatisch durchaus nicht einheitlich ist, so ist sie doch von der Erhöhung der Temperaturen und generell geringen Jahresniederschlägen betroffen. Die drei trockenen Jahre 2018-2020 haben eindrücklich gezeigt, mit welcher negativen klimatischen Wasserbilanz zukünftig verstärkt zu rechnen ist.
Das Projekt IAWAK-EE setzt deshalb am Wasserhaushalt der Landschaft an: Wir haben Maßnahmen in den Sektoren Land-, Forst- und Wasserwirtschaft sowie Naturschutz identifiziert und dokumentiert, die zum Rückhalt des Wassers in der Landschaft beitragen. Mit ihnen kann der vorhandene Niederschlag (und teils auch Starkregen) zeitlich verzögert der Vegetation wieder zugutekommen. Über die Verdunstung wird zugleich die Fläche lokal gekühlt und Temperaturextreme werden gedämpft.
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Die Maßnahmen sind nicht nur ganz praktisch sehr unterschiedlich - vom Einstau in Gräben bis zur Dachbegrünung - sondern unterscheiden sich in ihrer ökologischen Wirksamkeit und in ihren Kosten. Deshalb entwickeln wir einen Ansatz, wie die jeweils kosteneffizientesten Maßnahmen gefunden werden können, etwa innerhalb eines bestimmten Fördermittelbudgets. Dazu müssen die Maßnahmen bewertet werden, sowohl hinsichtlich ihrer kleinklimatischen Wirkung als auch in Bezug auf ihre Kosten.
Welche Wirkung haben die Maßnahmen?
Wie unterschiedlich sich die Landschaft im Sommer erwärmt, lässt sich eindrucksvoll mit Thermalbildern zeigen, welche die Temperatur der Landoberfläche darstellen (im Folgenden mit LST für Land Surface Temperature abgekürzt). In unserem Fall haben wir eine Vielzahl von Thermalszenen des Landsat 8 aus den Monaten Mai bis September der Jahre 2013 bis 2020 miteinander verrechnet. Dazu wurden nach der Vorverarbeitung der Bilder die Werte einer jeden Szene skaliert, da nicht die absoluten Temperaturen für unsere Analyse von Bedeutung sind, sondern die relativen Unterschiede zwischen den einzelnen Teilbereichen der Landoberfläche. Anschließend kann ein sogenanntes Thermalkomposit erstellt werden, welche die mittlere skalierte LST über den betrachteten Zeitraum darstellt. Ein Beispiel für diese „thermische Signatur“ zeigt Abb. 1. Auf den ersten Blick fällt auf, dass Waldflächen kühler sind als benachbarte Äcker. Zudem wird deutlich, dass es aber auch innerhalb einer Landnutzungskategorie Unterschiede in der Landoberflächentemperatur gibt. Diese können zum Beispiel auf räumlich variierende Eigenschaften des Bodens zurückzuführen sein.
Abbildung 1: Der Landschaftsausschnitt aus dem Landkreis Elbe-Elster, der auf der linken Seite abgebildet ist, ist rechts als Thermalkomposit dargestellt. Dieser zeigt die skalierte Landoberflächen-temperatur, welche zwischen 0 und 1 liegt; je geringer der Wert, umso kühler ist die Landoberfläche. Für die Darstellung wurden alle verfügbaren Thermalszenen der Monate Mai bis September aus den Jahren 2013 bis 2020 gemittelt.
Aktuell werten wir die skalierten Thermalbilder statistisch aus, um die LST anhand von einem umfangreichen Satz an Prädiktoren erklären zu können. Bereits die Landnutzung zeigt dabei deutliche Unterschiede - auch die einzelnen Biotoptypen erwärmen sich in unterschiedlichem Maß (Laub- weniger als Nadelwald, Feuchtgrünland weniger als intensiv genutztes Grünland etc.; Abb. 2). Damit lässt sich die Wirkung eines Teils der Maßnahmen bereits quantifizieren, etwa wenn ein Acker in ein Grünland oder eine Kiefernmonokultur in einen Laubmischwald umgewandelt wird.
Abbildung 2: Einfluss der Landnutzung auf die mittlere skalierte LST im Untersuchungszeitraum, der Bezugsraum ist der Landkreis Elbe-Elster. Die Darstellung erfolgt mittels Boxplots: Der Strich in der Mitte der Box ist der Median der LST, die Boxen werden durch das obere bzw. untere Quartil begrenzt und die Zäune zeigen die Minimal- und Maximalwerte, sofern es keine Fernpunkte (als Kreuze dargestellt) gibt.
Die vielen verwendeten Prädiktoren verweisen auf die Unterschiede der Standorte: je nach dem Flurabstand des Grundwassers oder der Exposition kann ein Eichenwald durchaus unterschiedlich zu bewerten sein. Auch die Witterungsbedingungen zum Zeitpunkt des Satellitenüberflugs werden in das Auswertung einbezogen. Um alle Maßnahmen räumlich konkret zu betrachten, wurden diese über dafür eigens entwickelte Algorithmen mit einer Vielzahl von Geodaten in der Landschaft verortet (Abb. 3). Mit Hilfe unseres statistischen Modells können wir vorhersagen, welcher Effekt auf die Landoberflächentemperatur bei Umsetzung einer Maßnahme erwartet werden kann.
Abbildung 3: Derselbe Ausschnitt wie in Abb. 1 inklusive verorteter Maßnahmen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die Auswahl der Maßnahmen ist abhängig von deren Nutzung (keine Maßnahmen der Bewirtschaftung wie z.B. konservierende Bodenbearbeitung auf Brachflächen) und Standorteigenschaften (z.B. Mindesthangneigung bei Querfeldbwirtschaftung und geringe Ackerzahl für Erstaufforstung).
Doch nicht alle Maßnahmen können über die Modellierung der LST bewertet werden, etwa wenn die räumliche Auflösung der Aufnahmen des Landsat auf der Skala einer Maßnahme zu grob (und die Befliegung des gesamten Landkreises mit einer Drohne nicht praktikabel) ist. Vor allem aber ist die abgeschätzte Wirkung nur unter aktuellen Bedingungen gültig, nicht unter weiter vorangeschrittenem Klimawandel. Hierzu arbeiten wir mit hydrologischen Modellen, mit denen wir Speicherung und Verdunstung des Niederschlagswassers durch die Vegetation berechnen können - sowohl mit dem Referenzdatensatz als auch mit den durch Nukleus zur Verfügung gestellten Klimadaten einer 2- (oder 3-) Grad-Welt.
Wie lassen sich die kosteneffizientesten Maßnahmen ermitteln?
Für alle Maßnahmen wurden zunächst die Kostenarten bestimmt und diese anhand einer Vielzahl von Quellen räumlich konkret quantifiziert. Soweit möglich wurden Opportunitätskosten durch Nutzungseinschränkungen berücksichtigt. Eine der Maßnahmen besteht beispielsweise in der Einführung einer permanenten Bodenbedeckung bei der Fruchtfolge auf Ackerflächen. Dabei werden vermehrt Sommer- und Winterzwischenfrüchte gepflanzt, um Brachzeiten zu vermeiden. Zudem werden anstelle von Ackerfrüchten wie Mais und Kartoffeln, die einen großen Reihenabstand haben, Getreidearten wie Grünschnittroggen oder Raps angebaut, die den Ackerboden durchgängig bedecken. Hierbei müssen dann Ertragseinbußen, die durch eine geänderte Fruchtfolge zu erwarten sind, als Opportunitätskosten berücksichtigt werden. Unter der Annahme limitierter finanzieller Ressourcen (wie z.B. Fördermittel) können nun über Optimierungsalgorithmen die Maßnahmen ermittelt werden, die den größten Beitrag zur Klimaanpassung leisten. Dabei können z.B. auch Maßnahmen, die nur eine mittlere Wirkung bei moderaten Kosten aufweisen, zum Zuge kommen. Diese Optimierungen können auch selektiv, etwa nur für einen Sektor, durchgeführt werden (wenn z.B. ein spezielles Förderprogramm für die Landwirtschaft oder den Siedlungsbereich durchgeführt werden soll).
Wie lassen sich die Maßnahmen umsetzen?
Bekanntlich sind die Kosten zwar ein wesentlicher Faktor, wenn es um die Umsetzung von Maßnahmen geht - aber eben auch nicht der einzige. Deshalb haben wir über verschiedene Befragungen und Formate den Kontakt zu den regionalen Akteuren gesucht, sowohl um zu ermitteln, welche Informationen für eine bessere Anpassung an den Klimawandel benötigt werden, als auch um herauszufinden, welche Hemmnisse gesehen werden. Die Auswirkungen des Klimawandels in der Region werden von vielen Akteuren schon heute wahrgenommen - etwa in der Veränderung von Biotopen oder der Austrocknung von Gewässern. Über eine Online-Befragung haben wir unsere Maßnahmenvorschläge zur Diskussion gestellt - als besonders wirksam wurden etwa Baumpflanzungen von den Befragten bewertet und auch schon umgesetzt. Neben der Online-Befragung wurden zwei Fokusgruppentreffen zu den Themen Planungsinstrumente und Förderprogramme durchgeführt. Auch die Durchführung von Telefoninterviews brachte Erkenntnisse darüber, welche Maßnahmen zur Klimaanpassung bereits schon umgesetzt wurden oder was die Gründe für ein Nicht-Umsetzen waren. Als Hemmnisse wurden lange Genehmigungsverfahren, Nutzungskonflikte, fehlende finanzielle und personelle Mittel sowie zu komplizierte Förderverfahren genannt. Weitere Aktionen sind geplant, etwa Klimaspaziergänge, bei denen wir thematisch fokussiert positive Beispiele für umgesetzte Maßnahmen mit Interessierten diskutieren werden.
Derzeit wird zudem mit der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald diskutiert, wie Ergebnisse des Projektes in den im Aufstellungsprozess befindlichen Integrierten Regionalplan verankert und die Festlegungen textlich sowie grafisch dargestellt werden können. Zwei Kommunen aus dem Landkreis wurden dafür als Fallbeispiele in das Projekt eingebunden. Diese werden zudem in ihren formellen sowie informellen Planungsprozessen unterstützt, um Klimaanpassung auch in die kommunale Planung aufzunehmen.
Wer bearbeitet das Projekt und wo gibt es weitere Informationen?
Unter der Federführung des Forschungsinstituts für Bergbaufolgelandschaften e.V. arbeiten die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (Lehrstuhl Umweltökonomie), der Landkreis Elbe-Elster und das IBA Studierhaus e.V. zusammen. Weitere Informationen sind auf der Projekthomepage zu finden.
Veröffentlichungen von IAWAK-EE
2022
Der innerhalb des Projekts erarbeitete Maßnahmenkatalog wurde in Form von Kurzsteckbriefen sowie eines wissenschaftlichen Artikels veröffentlicht. Darin enthalten sind rund 30 verschiedene Maßnahmen zur Klimaanpassung aus den Bereichen Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Siedlung und Naturschutz. Ziel der Maßnahmen ist es zum Wasserrückhalt und zur Kühlung der Landschaft beizutragen.
2021
Das Projektteam IAWAK-EE (Informationsgestützte antizipative wasserhaushaltsbasierte Anpassung an den Klimawandel Elbe-Elster) vernetzte sich mit den Akteuren der Region und rückte das Thema Klimaanpassung in den Fokus der Bevölkerung. In einer digitalen Veranstaltung wurde mit Verbänden, Kommunen und Behörden diskutiert, wie Festsetzungen zur Klimaanpassung in Planungsinstrumenten, wie in den Integrierten Regionalplan, getroffen werden können. Um Bürgerinnen und Bürger beim Aufbau von „Klimawissen“ zu unterstützen, hat das Projektteam eine Analyse des regionalen Klimawandels im Kreisanzeiger des Landkreises Elbe-Elster veröffentlicht (S. 18).